25-07-13 Dienen ist loslassen
Und Jonathan zog seinen Rock aus, den er anhatte, und gab ihn David, dazu seine Rüstung, sein Schwert, seinen Bogen und seinen Gurt. 1. Samuel 18,4
Ein Prinz zieht sein königliches Gewand aus, um es einem anderen zu geben. Das ist ungewöhnlich und sicherlich nicht nur ein Akt der Hilfe. Jonathan hätte nur mit dem Finger zu schnipsen brauchen und seine Diener hätten David eingekleidet. Das tut er nicht. Stattdessen legt er selbst seinen Rock und seine Rüstung ab und gibt beides David.
Bemerkenswert ist, wann diese Begebenheit stattfindet: Sie steht zeitlich nach dem glorreichen Sieg Davids über Goliath und vor dem Beginn der engen Freundschaft Jonathans mit David. Umso erstaunlicher, dass Jonathan so agiert und David mit seinen königlichen Kleidern auch ein Stück seiner königlichen Würde übergibt.
Dienen ist genau das: Dem anderen bewusst Würde verleihen und nicht auf den eigenen Rang pochen. Was Jonathan hier tut, geschieht nicht nebenbei. Er gibt nicht einfach von seinem Überfluss ab oder stellt sein Gewissen ruhig. Er handelt auch nicht aus einem Pflichtgefühl heraus. Was er tut, kommt aus seinem Herzen und ist selbstlos.
Wie anders ist dagegen Saul, sein Vater. Er betrachtet David bald als seinen persönlichen Rivalen und befürchtet am meisten, die Macht zu verlieren. Entsprechend stellt er David auch bald nach und versucht, ihn umzubringen. Man könnte daraus schlussfolgern: Wer nicht anderen dient, sondern nur sich selbst, wird irgendwann zum Tyrannen.
Dienen ist Loslassen. Wer dienen will, kann nicht als erstes Ziel haben, sich selbst zuerst zu retten und seinen Status zu halten. Wer dient, sieht den anderen und sucht sein Gutes. Er betrachtet andere nicht als Rivalen, sondern als Menschen.
Dienen macht frei. Es befreit uns aus dem Gefängnis unserer Angst und unserer Sorge um uns selbst. Es macht frei, weil wir aufhören, die Kontrolle über alles haben zu wollen. Wer dient, lässt das alles los, lässt sich davon nicht beherrschen, kann offen auf andere zugehen.
„Wer unter euch groß sein will, der sei euer Diener“, hat Jesus einmal gesagt (Mt 20,26). Jonathan war solch ein Diener. Ich möchte es auch sein. Herr, hilf mir, meinen Egoismus loszulassen und ein Diener zu sein!
Stephanie Kelm
© Advent-Verlag Lüneburg - mit freundlicher Genehmigung
Die hier wiedergegebene Andacht ist aus dem Andachtsbuch des Advent-Verlag Lüneburg entnommen. Die folgenden Links führen zu verschiedenen Versionen des aktuellen Andachtsbuchs: als Buch, als PDF.