19-02-12 Gnade - einfach nur annehmen
"Jona machte sich auf den Weg – aber in die entgegengesetzte Richtung! Er floh vor dem HERRN."
Jona 1,3 (Hoffnung für alle)
Die Geschichte des Jona ist zugleich eine merkwürdige, lehrreiche und auch humorvolle Geschichte. Wenn
man das Buch liest, kommt man unwillkürlich zum Schmunzeln.
Zuerst sind da zwei sehr gegensätzliche Tiere, die das Schicksal Jonas beeinflussen: ein großer Fisch und ein kleiner Wurm. Im großen Fisch wird Jona ganz klein und kleinlaut; als sich Jona später so groß aufbläst, bringt ihn der kleine Wurm zum Nachdenken.
Es geht aber nicht um Tiere, sondern um Jona: einen widerspenstigen Propheten, der am Ende das tun musste, was er nicht wollte. Das wird mit feiner Ironie sprachlich deutlich, es klingt wie ein Echo: Jona machte sich auf – um zu fliehen. Und später: Jona machte sich auf und ging nach Ninive. Auch dazwischen musste er schon tun, was er nicht wollte: Er sollte vor den heidnischen Schiffsleuten seinen Glauben bekennen. Die Folge: Sie wandten sich zu Gott, was dann später auch die Einwohner Ninives taten.
Die Geschichte Jonas kann man also mit einem Augenzwinkern erzählen und vielleicht hört man sie auch mit einem kleinen bisschen Schadenfreude: Das geschieht Jona recht, wenn er Gott davonlaufen will! Gott bringt seinen widerspenstigen Propheten (mithilfe eines Tieres) wieder auf den rechten Weg.
Letztlich geht es jedoch auch nicht um Jona, sondern um Gott, um Gottes gnädiges Handeln! Obwohl Jona das wusste, akzeptierte er es nicht. Auch diese Lektion, die Jona lernen musste, ist von feiner Ironie durchzogen: Die Bewohner Ninives blieben am Leben, aber Jona wollte sterben, eben weil sie nicht starben. Um nicht sterben zu müssen, erflehten sie Gottes Gnade; Jona aber wollte sterben wegen Gottes Gnade und Erbarmen. Das Buch Jona ist eine großartige Lektion über die große Gnade Gottes: Sein Erbarmen geht über das menschliche Verstehen hinaus, selbst das eines Propheten.
Die Geschichte hat ein offenes Ende. Wir wissen nicht, ob Jona die Lektion verstanden hat. Damit werden wir als Leser mit einem nachdenklichen Lächeln über unser eigenes Schicksal zurückgelassen: Was machen wir mit Gottes Gnade für uns? Was machen wir mit Gottes Erbarmen über andere?
(Roland E. Fischer)